Inklusion vor den Kulissen braucht Inklusion hinter den Kulissen

Dokumentation des Einführungsworkshops in der Kunsthalle Bremen, 18. bis 19. Juni 2019

Vor dem Hintergrund einer weißen Wand stehen auf der rechten Seite zwei Teilnehmerinnen nah zusammen. Eine trägt eine Schlafmaske und verwendet einen Taststock, die zweite hält eine Mappe in der Hand. Links sind vier Sitzmöbel als Skulptur aufeinander gestapelt. An der Wand hinter den Frauen ist die Überschrift „DIE TIERPYRAMIDE ALS PRINZIP“ zu erkennen, der Beschreibungstext darunter ist verschwommen
Mit einem ganzheitlichen Konzept kann der Wandel zu einer inklusiven Kultureinrichtung gelingen | Foto: ba Wolfenbüttel / Lukas Bergmann

Im Rahmen des Kompetenzverbunds Kulturelle Integration und Wissenstransfer KIWit bietet die Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel Fortbildungen in Kooperation mit Kultureinrichtungen an.

Der Workshop am 18. und 19. Juni 2019 in Kooperation mit der Kunsthalle Bremen widmete sich dem Thema Barrierefreiheit und Inklusion in Kultureinrichtungen. Der Inklusionsbegriff bezieht sich in diesem Fall vor allem auf das Merkmal der „Behinderung“. Um darauf zu verweisen, dass es sich bei dem Phänomen der Behinderung um eine soziale Konstruktion handelt, wird der Begriff im Folgenden in Anführungszeichen gesetzt. Neben interaktiven Übungen und der Vermittlung eines Basiswissens zum Thema Inklusion gab es die Möglichkeit, die Räumlichkeiten der Kunsthalle Bremen aus einer für die Teilnehmer*innen neuen Perspektive zu erfahren.

Konzipiert wurde der Workshop vom Berliner Unternehmen <Platz da!>, das Beratung für barrierefreie Kulturvermittlung und Prozessbegleitung für Inklusion anbietet. Das Workshopleiterinnen-Team von <Platz da!> besteht aus Menschen mit und ohne „Behinderung“. Somit war die Gestaltung des Workshops selbst ein Beispiel für eine inklusive Arbeitsweise.

Ziele der Veranstaltung waren:

  • Die eigene Positionierung und Haltung zum Thema „Behinderung“ und Menschenrechte zu reflektieren
  • Empfehlungen für ein inklusives Arbeitsumfeld zu erarbeiten
  • Sich insbesondere mit Barrieren, die für blinde und sehbehinderte Besucher*innen in Kultureinrichtungen auftreten, und deren Überwindung auseinanderzusetzen

Lösungsansätze

Nachdem die Teilnehmenden für die spezifischen Barrieren im Bereich „Sehen in Kultureinrichtungen“ sensibilisiert wurden, sollten sie in einer einrichtungsspezifischen Gruppenarbeit Lösungsansätze für deren Beseitigung formulieren. Folgende Ergebnisse wurden vorgestellt:

  • Barrierefreie Website: Gut lesbar, übersichtlich strukturiert, Möglichkeit, den Kontrast und die Schriftgröße zu ändern, Bildunterschriften, tauglich für Screenreader, Trailer für Theaterstücke, Auflistung barrierefreier Angebote, Möglichkeit zum Feedback
  • Informationsvergabe: Beim Online-Ticketkauf Abfrage von besonderen Bedürfnissen, Ansprechpartner*in für Barrierefreiheit benennen, Möglichkeit zum Feedback
  • Orientierung: Klare Raumstruktur in Ausstellungen, Handlauf und Bodenleitsystem, taktiler Übersichtsplan, kontraststarke und große Beschilderung, Möglichkeit zur freien Platzwahl im Theater (beispielsweise durch flexible Bestuhlung)
  • Personal: Für die Bedürfnisse von Menschen mit „Behinderung“ sensibilisiertes und geschultes Personal, Durchsagen bei besonderen Veranstaltungen
  • Mehr-Sinne-Prinzip umsetzen: Spezielle Angebote für blinde und sehbehinderte Besucher*innen (im Theater z.B. Kennenlernen der Schauspieler_innen und Kostüme vor einer Vorstellung), Audiodeskription, Ausstellungsobjekte als mitnehmbare Miniatur, Ausstellungskatalog als E-Book oder CD, inklusivere Feedback-Möglichkeiten, z.B. eine Telefonzelle oder ein altes Telefon mit Ansage, in das Feedback gesprochen werden kann

Ausblick:

Der Workshop hat gezeigt, dass der Weg zur Inklusion in Kultureinrichtungen trotz guter Ansätze noch ein weiter ist. Neben einem Grundwissen über zentrale Begriffe erhielten die Teilnehmenden konkrete Handlungsempfehlungen für die eigene Kulturarbeit und erarbeiteten selbst Lösungsansätze für ein barrierefreies Arbeitsumfeld. Um Inklusion vor und hinter den Kulissen zu erreichen, braucht es ein langfristiges Umdenken von Machtstrukturen und Personalführung. Durch ein ganzheitliches Change-Management- Konzept, welches alle Mitarbeiter*innen einbezieht, kann der Wandel zu einer barrierefreien, inklusiven Kultureinrichtung gelingen.

Ausführliche Ergebnisse und Dokumentation als Download:

Download (PDF: 892 KB) Inklusion vor den Kulissen braucht Inklusion hinter den Kulissen KIWit-Workshop in der Kunsthalle Bremen, 18. bis 19. Juni 2019. Leitung: Hannah Furian, Silja Korn, Mirjam Ottlewski und Stefanie Wiens