2. Arbeitstagung der KIWit-Denkwerkstatt Kultur+Wirtschaft im Jungen Schauspiel Düsseldorf
29.08.2018, Düsseldorf
Zentrales Anliegen der Denkwerkstatt ist die Förderung eines strukturierten Öffnungsprozesses der Kunst- und Kulturinstitutionen, der Diversität als positiven Mehrwert betrachtet. Dabei geht es unter anderem darum, die in der Wirtschaft prakti¬zierten Arbeitsweisen divers und interdisziplinär zusammengestellter Teams sowie die Einbeziehung von Zielgruppen in den Produktentwicklungsprozess auf den Kulturbereich zu übertragen. Da dieser Ansatz für die meisten Kultureinrichtungen noch Neuland bedeutet, wird in Anbindung an das Junge Schauspiel Düsseldorf in einer Reihe von Workshops an praktisch anwendbaren Antworten auf die Frage gearbeitet, wie das Haus ein Programm für die diverse Stadtgesellschaft gestalten kann. Dabei wird zugleich eine vom Design-Thinking inspirierte Arbeitsweise erprobt, die ohne kostenintensive Moderation auskommt und für denkbar viele Beteiligte überall und jederzeit anwendbar ist.
Nachdem die erste Tagung am 03.07.2018 darauf abzielte, einen Arbeitsrahmen zu erproben, der es Personen aus unterschiedlichen beruflichen Kontexten ermöglicht, sich im konstruktiven Miteinander und ohne professionelle Moderation mit einer Problemstellung zu beschäftigen, rückte am 29.08.2018 das Junge Schauspiel Düsseldorf in den Fokus. Es ging zunächst einmal darum, sich ein genaueres Bild von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu machen, die als eine der Hauptzielgruppen des Jungen Schauspiels angesehen werden. Dabei sollten im Kontext der Diversitätsentwicklung von Kultureinrichtungen insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene mit eigener oder familiärer Migrationsgeschichte in die Denkwerkstatt einbezogen und befragt werden: Was machen sie in ihrer Freizeit und wofür können sie sich begeistern? Was sind ihre Interessen im Hinblick auf Theater?
Auf Grundlage von Telefongesprächen, die in Arbeitsgruppen vorbereitet und durchgeführt wurden, konnten im Verlauf des Workshops sogenannte „Personas“ als Ausgangsbasis für den weiteren Arbeitsprozess entwickelt werden. Dabei handelt es sich um fiktive Charaktere mit mehr oder weniger frei assoziierten Angaben zu Alter, Gender, Familie, Bildungshintergrund und privaten Interessen. Die Personas wollen als Stellvertreterinnen und Stellvertreter der Zielgruppe verstanden werden und erlauben damit erste Einsichten über Motivationen und spezifische Bedürfnisse. Über skizzenhafte Portraitzeichnungen und fiktive Zitate lässt sich die Persona noch eindrücklicher gestalten. Nichtsdestotrotz können und sollen die Personas nicht als wirklich repräsentativ angesehen werden. Gleichwohl ermöglichen sie es, erste Anhaltspunkte zu identifizieren, die für die Entwicklung praktischer Lösungen hilfreich sein können.
So formulierten etwa einige der entstandenen Personas zur großen Überraschung mehrerer Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmer, dass sie es befürworten würden, wenn das Theater gerade in unsicheren Zeiten der Globalisierung den Zuschauerinnen und Zuschauern durch die Inszenierung klassischer Stücke mehr Orientierung und Halt bieten würde. Außerdem betonte ein Großteil der Personas, dass sie bevorzugt in Gruppen ins Theater gehen würden, dafür aber das Angebot nicht ansprechend genug sei. In der Schlussrunde der Tagung hat sich gezeigt, dass die Auseinandersetzung mit den Perspektiven der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zum einen sehr von der Heterogenität der am Workshop Beteiligten profitiert hat, es zum anderen aber auch die Interviews selbst sind, deren Gehalt sich schon jetzt als hilfreich für den weiteren Prozess erwiesen zu haben scheint.