Dokumentation: „The State of the ArtsInstitutions - Kulturelle Gerechtigkeit im Kulturbetrieb?“
Was muss passieren, damit migrantische Communities als kulturelle Mitgestalter*innen wahrgenommen werden? Wie lassen sich erfolgreiche Modelle der diversitätssensiblen Nachwuchsförderung aus der Wirtschaft auf den Kulturbereich übertragen? Werden Menschen mit Migrationsgeschichte oder People of Color lediglich zur Imagepflege in Kulturinstitutionen einbezogen? Was bedeutet Diversität im ländlichen Raum?
Die Fragen, die sich der Fachtag „The State of the ArtsInstitutions - Kulturelle Gerechtigkeit im Kulturbetrieb?“ am 4. September 2018 in Berlin stellte, steckten einen breiten Rahmen ab und definierten gleichzeitig die grundsätzlichen Diskussionen, die im Bereich Diversität im Kulturbetrieb mehr und mehr geführt werden. Eingeladen ins Haus der Kulturen der Welt hatte der Kompetenzverbund Kulturelle Integration und Wissenstransfer KIWit, der auf diese Weise Kulturschaffende und Akteur*innen aus Kulturverwaltung und -politik mit Menschen zusammenbringen wollte, die bislang nicht oder kaum im Kulturbetrieb repräsentiert sind.
In den insgesamt vier Workshops des Fachtages wurden eine Reihe von Handlungsempfehlungen und Fragen formuliert, die Kulturinstitutionen als Leitgedanken dienen können, um die eigene Institution zu öffnen und um zur Diversifizierung beizutragen.
Als wichtige Leitlinien wurden beispielsweise formuliert:
- Um eine diverse Personalzusammensetzung zu erreichen, sollten Institutionen nach selbst auferlegten Quoten handeln.
- Bewerbungsverfahren sollten standardisiert und anonymisiert durchgeführt und nach außen klar und transparent kommuniziert werden.
- Bewerbungsverfahren und Stellenausschreibungen dürfen sich nicht länger nur an normativen Bildungsgängen und Exzellenz orientieren. Es könnten Sprachkompetenzen oder andere Bewerbungskriterien in den Stellenausschreibungen gefordert werden.
- Leitbildprozesse sind Chancen für Kulturinstitutionen, ihr Selbstverständnis und ihre Ziele gemeinschaftlich festzulegen. Das Thema Diversität muss deshalb in den Leitbildern der Kultureinrichtungen verankert sein.
- Es sollte Team-Schulungen zum Thema Antidiskriminierung geben.
- Programm: Es sollten keine Zielgruppenidentifizierungen mehr stattfinden, sondern Programme ins Leben gerufen werden, die ohne identitäre und damit einseitige Zuschreibungen funktionieren.
Folgende Fragen wurden festgehalten, die sich Kulturinstitutionen regelmäßig stellen sollten:
- Gibt es eine Beschwerdestelle für das Publikum bei Diskriminierungsvorfällen?
- Gibt es im Haus eine Sensibilisierungsstelle für Mitarbeitende?
- Wird über Diskriminierungsfälle gesprochen und wie sieht ein adäquates Verhalten aus? Gibt es Empowerment-Räume?
- Werden Ressourcen bereitgestellt oder Vernetzungstreffen organisiert, um Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen?
- Werden die eigenen Programme und Angebote auf mögliche Barrieren oder diskriminierende Strukturen überprüft?
- Wer setzt die Themen von Veranstaltungen und Ausstellungen?
- Wer entscheidet darüber, was als „wichtige“ Kunst und Kultur angesehen wird?
- Inwieweit wird Diskriminierung in unserer Öffentlichkeitsarbeit reproduziert?
Das Workshop-Programm wurde eingerahmt von öffentlichen Beiträgen durch Peggy Piesche (Referentin für Feminismus und Geschlechterdemokratie beim Gunda-Werner-Institut der Heinrich-Böll-Stiftung) sowie Ministerialdirektor Dr. Günter Winands (Amtschef bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien). Beide Reden sowie die Einführung und die Vorstellung des KIWit-Verbundes stehen als Audio-Versionen unter folgenden Links zur Verfügung:
Peggy Piesche (Keynote)
Dr. Günter Winands (BKM, Rede)
Daniel Neugebauer (HKW, Einführung)
Gerda Maiwald (ba Wolfenbüttel, Vorstellung KIWit-Verbund)
Eine weitere Perspektive auf die Veranstaltung wird vom Berliner Projektbüro Diversity Arts Culture zur Verfügung gestellt, die die KIWit-Veranstaltung unter verschiedenen Gesichtspunkten kritisch reflektierte.